#Thriller-Adventskalender 2017: Tag 24

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Tag 24: Der Glanz in ihren Augen

Draußen vor der großen Fensterfront sehe ich den Weihnachtsmarkt. Fetzen von verschiedenen Weihnachtsliedern hängen in der Luft. Sie riecht nach gebrannten Mandeln – und nach Stress und altem Schweiß.Dann die vielen bunten Lichter. Und das Geschrei.
Es geht mir auf die Nerven.
Weshalb musste ich noch einmal los?
Einkaufen an Heiligabend. Es ist eine Einladung zu Mord und Totschlag. Hass und Terror. Die Gewalt feiert Weihnachten nicht. Sie macht auch keine Pause.
Das Fest der Liebe? Mein Arsch.
Aber ich schaffe es, ertrage es. Auch als mir eine verdammte Alte mit Lockenwicklern im lilagrauen Haar ihren Rollator in die Hacken rammt.
Wie kann man sich so auf die Straße trauen? Nicht nur an Weihnachten. Überhaupt.
Ich stehe inmitten des Supermarkts. Die Alte wackelt an mir vorüber, schüttelt den Kopf. In der Tasche mache ich eine Faust – und lächle.
Nach außen hin. Nur nach außen hin. Schließlich ist Weihnachten.
Ich spiele das Spiel mit.
Es ist nun einmal so, wenn man Familie hat. Man tut alles, um sie glücklich zu machen. Und dann geht man eben noch einmal los, auch an Heiligabend, um ihre Wünsche zu erfüllen. Die des Partners und vor allem die der Kinder.
Auch wenn man die letzten vierzehn Tage wie ein Irrer im Büro geschuftet hat. Den ganzen Stress ertragen, die Termine, den Leistungs- und den Leidensdruck. Den Blick fest auf den Kalender gerichtet.
Vierzehn Tage bis Weihnachten. Zwei Wochen bis Heiligabend.
Nur noch ein bisschen. Nur noch ein wenig weiter.
Und dann ist der Tag da. Endlich Ruhe.
Doch falsch gedacht. Denn wie immer ist es so, dass etwas fehlt. Wäre vorher alles erledigt, es wäre wohl kein Weihnachten, nicht wahr?
Aber was tut man nicht alles für die Lieben daheim?
Es ist der Glanz in ihren Augen, der diesen Tag besonders macht. Deshalb ertrage ich die bunten Lichter, denn nur ihnen ist es zu verdanken, dass ich die glänzenden Augen noch sehen kann. Als mich gestern Abend der Stress übermannte, war einfach alles zu viel.
Es war nur dieser eine Moment.
Ich verlor mich selbst – und sie verloren ihre Köpfe.
Mit der Axt trennte ich sie ab, verteilte sie auf der Couch, sodass ihre Augen auf den geschmückten Baum gerichtet sind. Und auf die Lichter, denn ohne die vielen bunten Flämmchen und Lämpchen verliert sich dieser Glanz recht schnell. Wie die Wärme ihrer Körper.
Bedauerlich zwar, aber unabänderlich.
Das Leben ist zerbrechlich und danach bleibt nicht viel.
Nur die Erinnerung an den Glanz in ihren Augen.