#Thriller-Adventskalender 2017: Tag 4

Thriller-Adventskalender 2017

Willkommen zu meinem #Thriller-Adventskalender!

Tag 4: Life is strange

Geschichten sind so eine Sache. Immer wieder stellt sich die Frage, ob etwas realistisch ist, ob Figur A handelt, wie man es auch von einem echten Menschen erwarten kann. Obwohl meine Figuren steif und fest behaupten, dass sie nicht viel von echten Menschen unterscheidet … Aber das ist eine andere Sache. 
Gerade im Thrillergenre ist das mit dem Realismus eine ganz spezielle Geschichte. Klar, Recherche ist wichtig. Gewisse Fakten sollten schon stimmen.

Aber sind wir mal ehrlich: Das Leben, das wahre Leben, ist ein seltsames Biest.

Dinge, die in der Realität tatsächlich passieren, kauft einem keine Leserin, keine Lektorin ab. Niemand. Kommissar Zufall ist nicht erwünscht.
Aber in Wahrheit passieren Zufälle. Obwohl es Menschen gibt – und eigentlich, eigentlich bin ich auch so einer – die nicht an Zufälle glauben. Nicht wirklich.

Beispiele gefällig?

Ted Bundy. Wie viele Frauen Bundy tatsächlich ermordet hat, kann niemand so ganz genau sagen. Verhaftet wurde Bundy einige Male. Mehrfach gelang ihm die Flucht. Sogar aus dem Gerichtssaal konnte er entkommen. Als man zuvor nach ihm fahndete, suchte man auch nach seinem Auto. Typ und Farbe waren bekannt. Aber obwohl Bundy in eine Verkehrskontrolle geriet und sogar eine Freundin sein Auto erkannte und bei der Polizei meldete, konnte Bundy seinen Kopf lange aus der Schlinge ziehen. Verhaftet wurde er zuletzt mehr oder weniger zufällig, von einem Polizisten, der Bundy zunächst nicht einmal erkannte. Dem Beamten war nur das Fahrzeug aufgefallen, in dem Bundy unterwegs war. Ein gestohlener VW Käfer.

Überhaupt ist die ganze Ted-Bundy-Story geradezu absurd. Als Roman würde sie niemand glauben.

Jeffrey Dahmer. Einem seiner Opfer gelang die Flucht aus Dahmers Appartement, nachdem Dahmer versucht hatte, einen Sexzombie aus dem jungen Mann zu machen, indem er ihm Löcher in die Schädeldecke bohrte. Beim Einfangen des Opfers begegnete Dahmer Polizisten und log diese an. Er behauptete, der Mann sei sein betrunkener Liebhaber. Dahmer war zu der Zeit vorbestraft und stand unter Bewährung. Die Beamten aber glaubten seiner Geschichte, begleiteten Dahmer und das Opfer zurück zu Dahmers Wohnung, überprüften diese aber nicht. Hätten sie es getan, wäre ihnen wohl die verwesende Leiche eines anderen Opfers aufgefallen. Haben sie aber nicht.

»Ja, aber das ist Amerika, nicht wahr?«, höre ich irgendwo, weit hinten im Saal, dort wo es dunkel ist.

Fritz Honka. Der Frauenmörder von St. Pauli. Honkas Taten wurden nur entdeckt, weil im Haus, das Honka bewohnte, ein Feuer ausbrach. Feuerwehrleute entdeckten schließlich die Leichenteile, die Honka auf dem Dachboden hortete.
Wäre Honka irgendwann ohnehin aufgefallen, weil er nicht wirklich strukturiert vorgegegangen ist? Möglicherweise. Aber so ist es nun mal nicht gewesen.

Das sind nur wenige Beispiele. Aber diese Dinge passieren. Life is strange. In einem Roman kannst du das aber nicht bringen. Geht einfach nicht. Beinahe …

Jetzt sind mir persönlich Regeln und dergleichen zwar nicht wirklich egal, aber ich mag es damit zu spielen, sie zu biegen und ja, manchmal auch zu brechen. Ich erlaube mir und meinen Figuren Zufälle. Ich denke, ich übertreibe es nicht. Innerhalb einer Geschichte sollten Begebenheiten nicht beliebig wirken. Aber manche Dinge passieren einfach – und dazu stehe ich. Come and get me. 😉